Das Chaos von Dresden ist perfekt
Gestern habe ich mich noch über die Halteverbote auf meiner Straße gewundert und dachte schon an eine Straßenreparatur oder sowas. Mit der Absage der TU Veranstaltung gegen Nazis setzte das große Wundern dann heute fort. Schluss mit Wundern war dann eigentlich mit dem Eilentschluss des Verwaltungsgerichtes Dresden.
Getreu dem Motto: “Den Nazis wird der Hof gemacht, egal wieviel Leid sie ham gebracht.” wurde die Entscheidung der Stadt, drei Nazidemos zusammen zu legen in der Luft zerpflückt. Und als sei dem nicht genug wurde bei der Gelegenheit gleich noch bemängelt das die Stadt nicht alle Gegenaktionen auf die andere Elbseite verbannt hat.
Immerhin inzwischen ist das Geheimnis um die Halteverbote gelüftet. Cotta sollte das Auffangbecken für die braune Brühe werden. Ich würde ja die Bahnunterführung am Flügelweg empfehlen, da parkt eh niemand und mit den Nazis drin sieht’s aus wie damals beim Hochwasser. Aber nein lieber sperren wir riesige Strecken ab, die ganze Grillparzer inklusive Nebenstraßen bis fast zur Autobahnauffahrt Altstadt sind mit Parkverboten zugepflastert. Das alles sind Wohngebiete mit Menschen die irgendwo ihre Autos hinbringen müssen, keine Ahnung wie die das alle machen.
Fakt für morgen ist soweit nur das es DREI Nazidemos geben wird. Laut Gerüchten eine am Hauptbahnhof (das Absperren da ham se ja geübt) und eine dürfte weiterhin am Rathaus Cotta zu finden sein, zumindest wurde keine Absperrung entfernt und heute Abend waren noch genug Ordnungshüter unterwegs um dieses Szenario zu bekräftigen.
Das Bündnis Nazifrei ruft derweil alle Dresdner auf sich ab 8:30 an den Brückenköpfen der Marienbrücke zu sammeln und zieht es in Erwägung auch die Autobahnen zu blockieren um die Nazis aufzuhalten, sollte die Stadt versuchen Gegendemonstranten am Betreten der Stadt zu hindern. Es darf also mit einem heißen Tag gerechnet werden.
TU sagt Veranstaltung gegen Rechts ab
Also ich fand den Artikel bei der DNN schon seltsam, dachte aber das sei nur dumm formuliert. Offensichtlich ist es aber tatsächlich so das die TU ihre Veranstaltung “Unser Campus” die sich gegen den Naziaufmarsch morgen richtet abgesagt hat weil der Naziaufmarsch morgen stattfinden soll um zu verhindern das der Naziaufmarsch stattfindet.
Klingt komisch ist aber so! Und was sagt der Rektor Herr Müller-Steinhagen dazu:
Es war unser Ziel, gemeinsam mit unseren ausländischen Studierenden und Mitarbeitern zu zeigen, dass wir eine tolerante und weltoffene Universität sind. Es ist für mich eine der schwersten Entscheidungen der letzten Wochen, die Veranstaltung Unser Campus’ abzusagen und ich treffe sie nur in der Hoffnung, dass damit der Naziaufmarsch für den 19. Februar tatsächlich verhindert werden kann.
Menschenkette vs. Nazistrecke: Ein Schwanzvergleich
Die Menschenkette hat ja wieder ein Zeichen gesetzt. So interpretiere ich zum Beispiel unseren Herrn Bundesinnenminister so: “Das die Menschenkette die Nazis dazu gebracht erst nächste Woche zu marschieren.” Abgesehen davon das es dann wohl eher ein Wiederkommen ist dacht ich mir, mach ich mal nen Schwanzvergleich.
Was wäre wenn die Menschenkette die Naziroute eingekesselt hätte, den Nazis also wirklich den Weg abseits ihrer Route versperrt hätte?
Packen wir also mal das Lineal aus und messen nach und kommen zu folgenden Ergebnissen:
Die geplante Route der Nazis hatte eine Länge von ziemlich genau 4 Kilometern, gelaufen sind sie am Ende 3,3 Kilometer und abgesperrt war ein Areal von 6,3 Kilometern. Letzeres unter der Annahme das man einen gültigen Fahrschein hatte und durch den Hauptbahnhof durchkam.
Jetzt aber zum zweiten Teil:
Die Menschenkette brachte es immerhin auf stattliche 2,7 Kilometer also fast so lang wie die am Ende erlaubte Route der Nazis. Leider aber trotzdem 600 Meter zu kurz. Wären die Nazis gelaufen wo sie wollten wären es sogar 1,3 Kilometer gewesen auf denen die Nazis keine einzige weiße Rose gesehen hätten. Vom gesamten Sperrbezirk reden wir mal gar nicht, da hätte die Kette mehr als doppelt so lang sein müssen.
Ein echter Erfolg und ein großartiges Symbol eben…
13. Februar 2011: Einmal um den Sperrbezirk
Dreizehn Uhr, am Nürnberger Platz ist Schluss. Man kommt noch in den Campus rein aber nicht weiter. Am Ende der Bergstraße stehen Absperrgitter und einzelne Beamte, zum Hörsaalzentrum kommt man durch. So richtig ahnt man noch nichts vom Sperrbezirk. Hinter der Brücke zur Campuswiese stehen wieder Beamte rum. Kein Weg runter zum Zelleschen Weg. Die Slub ist abgesperrt sagt man uns, vielleicht ist in ner Stunde wieder offen. Also weiter, die Zeunerstraße lang über die Wiese bis zur Heinrich-Geller-Straße.
Zwischendurch verlassen wir den Sperrbereich. Wussten gar nicht das wir drin waren. Höhe Zellescher Weg gibt man uns eine Info wie wir zum Lennéplatz kommen. Freundlicher Beamter, aus Berlin, aber immerhin er hat ne Karte und zeigt uns einen Weg. Über die Ewald-Schönberg-Straße - Paradiesstraße - Schinkelstraße - Wundtstraße gehts erstmal weiter. An der Ecke Ackermannstraße, Zellescher Weg stehen wieder Beamte. Am Weberplatz das gleiche Bild: Wagenburg, Absperrzaun, Personenkontrollen. Über die Teplitzer Straße gehts am Sportplatz weiter zur August-Bebel-Straße. Einen Durchgang gibts auch hier nicht, der Strehlener Platz ist dicht.
Über die Franz-Liszt-Straße kommt man dann zur Wiener Straße aber nicht zurück. Alle Brücken sind dicht, Wagenburgen, Absperrzäune und Robocops. Vorn am Wienerplatz gibts dann viele Leute so 500 würd ich schätzen mit der Zeit werden es mehr. Einen Lauti gibt es nicht, irgendwann taucht ein Transporter der Linkspartei auf und verteilt Zeitungen und Kram. Es wird getrötet und gepfiffen. Hörweite ja, Sichtweite nein. Wie man später in den Nachrichten sehen wird stehen die Nazis vor der HTW.
Der Bäcker macht, liberaler Antikapitalismus sei Dank, guten Umsatz. In den Bahnhof gehts nicht, nur mit gültigem Fahrschein, keine Ahnung ob eine Monatskarte gilt, eigentlich will ich auch nicht rein. Auf den Gleisen stehen Beamte, kontrollieren Fahrgäste und filmen die Menge. Filmen tut auch der Quatrocopter der Sächsischen Ordnungshüter, sehr zur Belustigung der Massen. Los ist hier sonst wenig und das Auto steht an der Uni. Die StraBas quälen sich etwas Mühsam durch die Menge, um sie zu stoppen reicht es nicht. Der Ticker spricht von 3000 Demonstranten, ich schätze mal die Hälfte in der Spitze, immerhin das ist ne Menge bei dem Polizeiaufgebot.
Auch mit der Rose sind einige gekommen, wohl von der Menschenkette, viele von ihnen sind aber ratlos, blicken suchen um sich und wissen mit dieser Form des Protestes nichts anzufangen. Ich auch nicht, ist mir zu passiv und zu kalt. Wir fahren weiter, setzen unseren Marsch um den Sperrbezirk fort. Mit der Bahn gehts zur Budapester Straße. Die Treppe hoch, mitten rein in die Personenkontrolle. Anwohner dürfen durch. Ein netter Beamter erlaubt auch mir den Weg zurück zur Uni wo mein Auto steht. “Macht keinen Ärger!”, gibt er uns mit auf den Weg. Mehr als einen schönen Tag kann ich leider nicht wünschen.
Durch das Wohngebiet kommen wir zum Nürnberger Ei. Der Ticker sagt, der Weg ist frei. Ist er auch, überall stehen Cops aber keine Kontrollen. Richtung Campus ist immer noch zu. Inzwischen gehts auf Abend zu. Vom Nürnberger Platz sieht man die Demo an der Ecke Münchner-Straße - Fritz-Löffler-Straße. Vielleicht 1000 Leute, es werden später noch mehr. Seit heute heißt die Kreuzung Fritz-Löffler-Platz. Weiter gehts hier aber nicht, wieder die Zäune, die Waagen und die Robocops. Wir haben unseren Weg um den Sperrbezirk beendet. Die Stimmung ist gut, der Lauti hat Probleme mit dem Strom aber die Sambatruppe verbreitet gute Laune und hält warm.
Kalt ist es geworden und mit dem Ende des Tageslichts wirds nicht besser. Die einzigen die wohl nicht frieren sind die beiden Schneegestalten die nach Nazis Ausschau halten. Es wird ein Plenum einberufen. Von jeder Bezugsgruppe soll einer teilnehmen, ich versuche auch was zu hören aber ich vermute das will jeder denn die Traube ist zu groß und der Generator vom Lauti übertönt die Fragen. Die Demo soll sich teilen, versuchen doch noch auf die Naziroute zu gelangen. Wir gehen mit zum Fritz-Förster-Platz, doch da gehts nicht weiter. Polizeikette, kurze Panik dann ist wieder Ruhe ich weiß nicht ob da Knüppel waren oder Pfefferspray, durch gehts jedenfalls nicht. Der Wienerplatz hat sich wohl aufgelöst und hier ist auch Ende im Gelände.
Kleine Gruppen verschwinden zwischen den Häusern und wir gehen nach Hause. Den Sperrbezirk jedenfalls haben wir kennengelernt, von außen. Innen drin waren Nazis habe ich gehört, mit grusliger Musik und phantasievollen Kostümen. Nur ihre Route mussten sie verkürzen… So stehen sie wohl immer noch da Herr und Frau Schneemann und warten auf die Ankunft der Braunen. Sind sie doch die einzig wirklich weißen hier in der Stadt.
Zitat des Tages
Ein Beamter zu einem Pärchen das sie gerade aus der StraBa geholt haben: “Ja tut mir Leid wir haben hier eben eine angespannte Situation und sie passen eben in die Zielgruppe.” Er hat kurze Dreads ist Anfang Zwanzig, sie etwa genauso alt Rock und dicke Wollhose.



