Nach vier Jahren Unischule, möchte ich nun auch noch etwas mehr zum Konzept der Lernbausteine an der Universitätsschule Dresden wieder geben. Dieses pädagogische Konzept zielt darauf ab, das traditionelle lineare Lernen in der Schule aufzubrechen und den Schülern eine individuellere und flexiblere Lernumgebung zu bieten.

Das Ziel der Universitätsschule war es dabei ursprünglich, das Lernen vollständig in Projekten zu gestalten und das Wissen in kleine Bausteine zu zerhacken. Diese Bausteine, die den Lehrplan des sächsischen Lehrplans abdecken, werden in verschiedene “Lernhäuser” unterteilt um eine Grundstruktur zu erhalten. So gibt es beispielsweise ein Lernhaus für sprachliche oder naturwissenschaftliche Bausteine. Die Lernenden haben die Freiheit, die Bausteine in beliebiger Reihenfolge abzuarbeiten. Natürlich gibt es Empfehlungen basierend auf der Klassenstufe oder bestimmte Abhängigkeiten zwischen Bausteinen. Dadurch gab es ein inhaltliche Orientierung für Lernende und PädagogInnen.

Eine der größten Stärken des Konzepts der Lernbausteine liegt im asynchronen Lernen. Lernende haben die Freiheit, je nach Tagesform und individuellem Lernrhythmus ihre Themen zu wählen. Dies ermöglicht es den Lernenden, in ihrem eigenen Tempo zu arbeiten und sich tiefer mit den Themen auseinanderzusetzen, die sie gerade besonders interessieren. Im Vergleich zum starren Stundenplan der herkömmlichen Schule bietet diese Flexibilität den Lernenden die Möglichkeit, ihren Lernprozess besser zu steuern und ihre Motivation aufrechtzuerhalten. Vor allem aber wird eine deutlich bessere Differenzierung möglich und Lernende verlieren nicht so leicht den Anschluss an die Mitlernenden.

Die Einführung des Konzepts der Lernbausteine war jedoch nicht ohne Herausforderungen. Eine der ersten Schwierigkeiten bestand darin, dass keine schulischen Lehrbücher dieses Format unterstützen. Die Lernbegleitenden mussten daher die Inhalte für die einzelnen Bausteine selbst erstellen, was einen erheblichen zeitlichen Aufwand bedeutete. Zudem war die Qualität der Materialien sehr durchwachsen. Im ersten Anlauf waren Bausteine deutlich unterschiedlich in ihrem Umfang, ihrer Gestaltung und dem Schwierigkeitsgrad. Einige Bausteine verloren innerhalb kürzester Zeit ihre Gültigkeit und mussten ein zweites Mal erstellt oder aufgeteilt werden. Dies führte unter anderem dazu, dass sowohl Lernende, Lernbegleitende und Eltern den Überblick verloren was schon erledigt und was zu erledigen war.

Da es nur wenige frontale Unterrichtseinheiten gibt, stützen sich viele Materialien auf digitale Inhalte. Dadurch variiert die Qualität der Erklärungen sehr stark. Ebenfalls stellte sich schnell heraus das Links ins Internet flüchtig sind und schnell ungültig werden können. Auch ist das ausdrucken dynamischer URLs nicht besonders komfortabel, weshalb teilweise dann mit QR Codes in den Materialien hantiert wurde. Dabei schaffte es etwas Linderung die Bausteine auch digital in einem Padlet abzulegen und Links dort oder im PDF Dokument direkt zu verankern und ggf. zu bearbeiten.

Eine weiteres Phänomen, welches wir beobachten konnten, war Druck eine bestimmte Anzahl von Bausteinen pro Woche abzuschließen. Da die Bausteine den Lehrplan abdecken, entstand eine Erwartungshaltung, dass sie in großem Umfang absolviert werden müssten. Dies führte in unserem Fall dazu das Lernbegleitende Druck auf Lernende ausübten, insbesondere wenn das Lerntempo oder die Lernmotivation der Lernenden nicht ausreichten, um die Erwartungen zu erfüllen. Der Tempodruck ersetze dann den Noten- und Leistungsdruck im traditionellen System.

Letztendlich gibt es noch einen Punkt der mir unklar ist. Das Konzept der Bausteine schreit geradezu nach einer trivialen Digitalisierung. Ein Tool in dem alle Bausteine abgelegt sind und in welchem direkt erfasst werden kann mit welchem Erfolg welche Lernenden die einzelnen Bausteine bereits erledigt haben. In vier Jahren Schulportalsoftware wurde das nicht annähernd erreicht, was sich in falschen Zeugnissen und einem unnötigen Wust an Excel Tabellen und Notizen bei den Lernbegleitenden äußerte.

Trotz einiger Herausforderungen und Anpassungen hat sich das Konzept der Lernbausteine an der Universitätsschule Dresden grundlegend als erfolgreich erwiesen. Die Möglichkeit des asynchronen Lernens und die individuelle Auswahl der Bausteine ermöglichen den Lernenden eine flexiblere und eigen motivierte Herangehensweise an das Lernen. Es bleibt jedoch wichtig, den Druck und die Erwartungen im Zusammenhang mit der Absolvierung der Bausteine zu beachten und eine ausgewogene Balance zu finden.

Es sollte darauf geachtet werden, dass die Schüler ihr eigenes Lerntempo und ihre Motivation berücksichtigen können, um den Lernprozess positiv zu gestalten. In meinen Augen eine Aufgabe welche die Lernbegleitenden wahrnehmen müssten, aber nicht können da personelle Engpässe und Fluktuation, große Gruppen mit großer Diversität, fehlende Zusatzqualifikation und Zusatzaufgaben sie daran hindern.

Es wäre toll, wenn sich dieses Konzept weiterentwickelt und auch an anderen Schulen eingesetzt wird, so dass es für Verlage attraktiv wird ihre Lehrmaterialien in einer bausteinartigen Struktur anzubieten. Dies könnte dazu beitragen, den traditionellen Frontalunterricht zu überwinden und eine Lernumgebung zu schaffen, die den Bedürfnissen der Schüler besser gerecht wird.

Insgesamt glaube ich das der Ansatz der Lernbausteine ein innovativer und erfolgreicher Teil des Schulkonzeptes ist, welcher noch großes Potential hat. Vor allem würde man ihn konsequent digital denken und realisieren.

Abschließend möchte ich betonen, dass dies meine persönliche Meinung ist und andere Eltern und Lernende möglicherweise unterschiedliche Ansichten haben.