Am vergangenen Wochenende zog es mich ins schöne Leipzig zum 4. Agile Barcamp der örtlichen Community. Rundum fand ich es ein gelungenes Event. Die Location in der alten Spinnerei allein ist eigentlich einen Trip wert, aber ich liebe so alte Gemäuer die zu neuem Leben erwachen einfach. Auch wenn ich sagen muss das ich nicht dauerhaft in einer solchen alten Fabrikhalle arbeiten wöllte. Ein dickes Dankeschön an die Orga und an alle Session OwnerInnen und Input GeberInnen, ihr wart großartig. Hier nun ein paar Gedanken die ich auf der (Un-)konferenz gesammelt habe.

Keynote

Die Keynote zum Thema “New Pay – Alternative Arbeits- und Vergütungsmodelle” von Nadine Nobile, war locker gestaltet und ein guter Auftakt zu einer Veranstaltung in der immer wieder die Frage aufgeworfen wurde wo die Unterschiede zwischen alter und neuer Welt denn seien.

Kern der Keynote für mich war, dass sich mit neuer Arbeit ein neuer Anspruch verbindet. Im Kern streben wir alle nach Fairness, egal ob das Arbeitszeiten oder Entgelte betrifft.

Interessante Details waren für mich zwei Beispiele für moderne Vergütungsmodelle. So war die Erkenntnis, das sich eine eingeführte Gehaltsstufe in einem Unternehmen, welches eigentlich ein Einheitsgehalt zahlt, innerhalb von Monaten so negativ ausgewirkte das sie wieder abgewickelt wurde, schon überraschend.

Auch das die Abweichung zwischen Wunschgehältern und alten Gehältern in einer Genossenschaft nur um 15% unterschieden passt eigentlich gar nicht zu unserem raffgierigen Menschenbild.

Session - Agiles Mindset

Conrad Giller versuchte in einer Session zu erörtern was überhaupt so ein Mindset ist und schließlich zu zeigen wo der Unterschied zwischen dem traditionellen Manager Mindset und dem neuen agilen Mindset ist. Dabei definiert er das Mindset als Entscheidungshilfe beim lösen von Problemen.

Der Manager von früher fährt dabei nach dem Muster:

Ich weiß wie es geht und setze um/durch was ich brauche.

Auf der anderen Seite steht der Agilist mit seinem Team und folgt dem Credo:

Wir suchen und finden gemeinsam immer wieder die beste Lösung für alle Beteiligten.

Ich denke das ist ein sehr ideales Bild, denn ohne eine Richtung und einen Impuls von dem was gebraucht wird, läuft Wertschöpfung doch eher lustlos denn effektiv.

Session - Remote Team (building)

In einer Session die ich selbst anbot, holte ich mir einigen Input zum Handling von Remote Teams, da ich gerade selbst in die Situation gekommen bin ein solches zu bändigen.

Kredo des Inputs war durchweg das es in einem Remote Team eine der wichtigsten Sachen ist die Standorte auf einer persönlichen Ebene zusammen zu bringen. Sonst gibt es schnell Silos und Fingerpointing.

Im wesentlichen also, räumliche Nähe herstellen und sich gegenseitig besuchen, wann immer es geht. Darüber hinaus hilft regelmäßige, stabile und schnelle Kommunikation und ein gemeinsames Ziel. Die Standorte sollten nach gleichen Methoden arbeiten und auf gleichem fachlichen und technischen Stand arbeiten.

Es purzelten noch ein paar gute Methoden Vorschläge wie das Agilometer, Personal Mapping und Remote Pairing heraus die ich sicher noch einmal genauer evaluieren werde.

Session - Kampf dem Suppenkoma

Die Session von Phillip Staat widmete sich sehr praktisch und reflektierend dem Thema Energizer. Da ich diese eigentlich selbst oft als unangenehm empfinde stellte ich mich der Session und konnte ein paar Ideen mitnehmen.

Session - Personal Maps

Die schon in meiner Remote Team Session angesprochenen Personal Maps füllten später noch eine eigene Session von Florian Latzel der das Konzept vorstellte. Die Idee ist trivial, als Teambildende Maßnahme ist es die Aufgabe innerhalb des Teams von jeder Person eine mindmapartige Karte zu erstellen und verschiedene Facetten wie Hobbies, Familie, Werte, Ziele, etc. zu zeichnen und dann gemeinsamkeiten zu suchen.

Liegt sicher wieder nicht jedem aber wenn man sich zum Beispiel, das Johari Fenster bewusst macht, wird klar wie wertvoll diese Übung sein kann. Vor allem wenn man sie kollaborativ erarbeitet und nicht als schnödes Selbstvorstellungsspiel.

Nebenbei purzelte aus dem Auditorium noch eine ganze Reihe von Ideen heraus die in die gleiche Richtung gehen oder gut zur Methode selbst passen.

Session - Szenarien des agilen Wandels

Noch einmal Conrad Giller mit einer Übung zur Reflektion von Charakteren die sich schwer tun in der neuen Welt. Es wurden einige Charaktere erörtert wie der fiktive Bernie, ein Manager der viel von neuen Werten und Transparenz schwärmt, im Ernstfall aber immer das One on One Gespräch sucht.

Ziel der Übung war klar: Nicht Werten und nicht Urteilen sondern versuchen die Motive, Ängste und Werte zu erkennen. Im wesentlichen also empathisch versuchen zu verstehen warum eine Person tut was sie tut und nicht anders.

Keynote - Wird das agile doch wieder in Prozessen ertränkt

Gunther Dueck, eigentlich schon ein Statement für sich philosophierte am Sonntag Morgen ebenfalls über die alte und die neue Welt. Vom Management und seinen Prozessen, dem Hang zur McDonaldisierung kam er schließlich zum wohl geilsten Bild des Barcamps:

Manager sind eigentlich wie Hunde, sie sind Rudeltiere die erstmal die Hierarchie ausmachen und sich dann zum Ziel dirigieren lassen, am Ende aber immer freudig mit dem Schwanz wedeln. Auf der anderen Seite sind die Agilisten die wie Katzen ihr eigenes Ding machen und ein Thema nur angehen wenn sie es selbst wollen. Katzen wedeln auch mit dem Schwanz, es bedeutet aber etwas ganz anderes.

Auf jeden Fall hatte diese Keynote einen gaaanz großen Unterhaltungsfaktor und viele Anstöße zum später nachlesen und nachdenken.

Session - Die No-Go Methode

Eine sehr praktische Session stellte den Wert von Abstimmungen in Teams in Frage. Das oft genutzte einfache Abstimmen per Dot-Voting stellt immer nur die eine Seite des Willens dar.

Die Teilnehmer sollten zunächst mittels der 6-3-5 Methode Vorschläge für ein Teamevent erstellen. Im Anschluss sollten zunächst alle abstimmen welchen der Vorschläge sie annehmen. Die Wahl war recht klar, die Mehrheit wollte einen Escape Room Ausflug machen.

Doch der zweite Schritt war anders, jetzt sollte man parallel abstimmen was man auf keinen Fall will. Und hier wendete sich das Blatt, denn es fanden sich sehr viele Stimmen, welche eben nicht in einen Escape Room wollten.

Simples Abstimmen hätte hier also Personen in eine Zwickmühle und unangenehme Situation gebracht.

Session - Erfolgsmessung in Teams

Die Eingangsfrage der Session war: Wie kann man den Erfolg von Retromaßnahmen messen. Als Mittel wurden Causal Loop Diagrams vorgestellt und ausprobiert. Leider war mir die Session etwas zu verworren, der Kern wird aber dennoch meine Toolbox berreichern.


Bildquelle: Agile Barcamp Leipzig