Jedes Jahr wieder versammeln sich in Dresden am 13ten Februar Polizei, Nazis, Linke und einfache Bürger die sich noch ihres Geschichtsunterrichtes erinnern und daran denken das die Altstadt in der Nacht zum 14ten im Hagel der Luftbomben niederbrannte. Inzwischen ist aber bei den meisten das Vergessen über die Vergangenheit gewachsen. Immerhin stehen ja die alten Kulturhäuser wieder und wie eine neue Haut ziehen sich historisch korrekt nachgebildete Steine über den einst verbrannten Boden.

Und wie jedes Jahr kündigen die Nazis der Opfer von Dresden gedenken zu wollen und die Antifa ruft nach Blockade und Demonatage. Also tue ich meine Bürgerpflicht, mache pünktlich Feierabend und wandere durch den kalten Winterregen in die Stadt. An den Ausfahrten der Budapester Straße positionieren sich Beamte der Streifenpolizei und beobachten den Verkehr. Dann gerät der Platz hinter der Altmarktgalerie in den Blick. Die vorherrschenden Farben sind das Grau von Himmel und Pflaster, das Schwarz der Antifa Demo und das Grün der Polizeikräfte die mit Helm unterm Arm, Feuerlöscher auf dem Rücken und Schlagstock am Gürtel einen Ring um die Demonstranten bilden. Rein darf nur wer einen Rucksack ohne gefährlichen Inhalt vorweisen kann. Ich schaue mich eine Weile um, bekomme eine Hand voll Flugblätter zu anderen Demos und einen Flyer zum heutigen Tag. Auf der einen Seite die Demostartpunkte auf der anderen Hinweise wie man sich bei einer Verhaftung verhalten soll. Nach einer halben Stunde werden mir dann aber die wenig Konstruktiven Rufe nach “Nie wieder Deutschland” zu eintönig und ich mache mich wieder auf den Weg durch die Stadt.

Durch den Ring aus Polizeikräften hindurch werden die Bürger der Stadt sichbar die mit Handys knippsend das Geschehen dokumentieren, den Kopf schütteln oder schimpfen das sie zum shoppen einen Umweg machen müssen. Es regnet wieder und ich lenke meine Schritte über den Altmarkt zur Frauenkirche hin. Ein paar Stände mit alten Damen die Bücher über das Dresden von 1945 verkaufen und ein einzelner Ordnungsbeamter steht verloren vor dem Eingang des Gotteshauses. Von Demos und Polizei ist hier nichts zu sehen. Auf der Carolabrücke steht ein Pulk von Polizisten der gerade die Anweisung bekommt sich mit zwei Meter Abstand gleichmäßig zu verteilen. Auf der anderen Seite am Finanzministerium parken Wasserwerfer aus Hamburg und ein Schützenpanzer ein und halten sich in Bereitschaft. Die Präsenz von Einsatzkräften ist seit der Synagoge wieder dichter geworden und am Albertplatz stehen wieder mehrere Mannschaftswagen. Wenigsten kann man sich hier dem Lautsprecherwagen ohne Taschenkontrolle nähern, die politische Prominenz ist wohl Garant genug für eine friedliche Veranstaltung. Recht pünktlich um 17 Uhr beginnt dann die Kundgebung.

Es gibt eine Eingangsrede bei der unter anderem der stellvertretende Ministerpräsident Thomas Jurk, jedoch ist bis heute nichts aus seiner Rede geblieben außer den üblichen Mahnrufen und Warnungen vor rechter Gewalt. Dann beginnt der Marsch, die Straße ist halbseitig gesperrt und wir wandern gemütlich in Richtung Synagoge, auf der Brück stoppt der Track, eine weitere Ansprache mit wahren Worten die sich wiederum nicht ins Hirn brennen. Von 5000 Teilnehmern ist die Rede und alle müssen zusammenrücken um auf die kleine Brücke zu passen. Schließlich muss hinten der Verkehr weiterfließen. Auf dem Platz vor der Synagoge dann der nächste Halt. Reich an Metaphern und irgendwie ein wenig einprägsamer hier die Rede der Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde. Im Kopf bleibt mir noch das Zitat von Gerhard Bronner:

Es gibt drei Dinge, die sich nicht vereinen lassen: Intelligenz, Anständigkeit und Nationalsozialismus. Man kann intelligent und Nazi sein. Dann ist man nicht anständig. Man kann anständig und Nazi sein. Dann ist man nicht intelligent. Und man kann anständig und intelligent sein. Dann ist man kein Nazi. [1]

Am Ende marschieren die Massen durch die Stadt, vorbei am Altmarkt zum Georgentor wo es eine Abschlussrede von Katja Kipping die kaum mehr gegen den Regen und die Kälte ankam. Neunzig Minuten lang führte der Weg durch die Stadt und offen bleibt mir die Frage war es am Ende nur ein “Rumlatschen durch die Stadt” [2] wie der Spiegel Online die Antifa zitiert oder war es ein Zeichen gegen rechtes Gedankengut. Eins ist sicher es gibt noch Menschen denen ihre Meinung wichtiger ist als eine gemütliche warme Stube.

Doch es kann auch anders sein, in Gesprächen hörte ich folgendes am folgenden Tag:

Da standen ja hunderte von Nazis hinter der Altmarktsgalerie und schwenkten eine blaue Fahne mit Stern.
Müssen den solche Aktionen im Feierabendverkehr gemacht werden. Ich hab da ewig im Stau gestanden wegen den Demonstranten.
Was war da eigentlich gestern los? Warum war die ganze Polizei in der Stadt, was wurde denn da gefeiert?
Das ist doch furchtbar wenn wegen so ein paar Verrückten die Polizei aus ganz Deutschland herkommen muss.

Möge ein jeder denken was er will, aber ich finde doch das man einen Schimmer von Allgemeinbildung erwarten können sollte und wenn man in einer Stadt wie Dresden lebt sollte man um die Bedeutung des 13ten Februars wissen und das Nazis sicher keine Israelische Flagge hissen ;)